Wissen Sie eigentlich, wie gesegnet man ist, in deutscher Muttersprache aufzuwachsen? Diese komplexe Grammatik quasi mit der Muttermilch aufzusaugen – wahrlich ein Geschenk!
Wenn ich sehe, wie schwer mir das Lernen von Französisch, Italienisch oder Spanisch fällt, möchte ich gar nicht wissen, wie viel Mühe ich mit dem Verinnerlichen der deutschen Sprache hätte, wenn ich sie nicht schon verinnerlicht hätte. Vor langer Zeit und beinahe von selbst.
Die Betriebsblindheit des Textverfassers
Verfasse ich Texte für Bücher, Spiele oder Websites, geht mir das leicht von der Hand. Rechtschreibung und Kommasetzung habe ich im Griff.
Sie auch? Super!
Bestimmt kennen Sie jedoch das Phänomen, dass trotz mehrmaligem Durchlesen eines Textes sich im Endprodukt doch noch ein Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen hat.
Das Problem ist, dass wir die eigenen Texte – je öfter wir sie durchlesen – bald auswendig können und deshalb nicht mehr genau hinschauen, sodass fast immer ein Fehler hängen bleibt. Betriebsblindheit könnte man das nennen. Das Mittel dagegen? Hilfe von aussen holen: eine oder mehrere Personen, welche den Text unvoreingenommen gegenlesen.
An dieser Stelle kommen die verborgenen Helden der deutschen Sprache ins Spiel. Es sind zwei, die sich diese Aufgabe teilen: der Korrektor und der Lektor. Doch was tun sie genau und worin liegt ihr Unterschied?
Korrektor – Herrscher über Buchstaben und Kommas
Nun, der Korrektor lebt in der Welt der Details. Er kennt jede Kommaregel besser als seine eigene Telefonnummer, schleicht sich in Texte, um Tippfehler zu jagen und hat ein Auge für die feinen Unterschiede zwischen Bindestrich und Gedankenstrich. Der Korrektor ist quasi der Co-Rektor der Sprache, Seite an Seite mit dem Lektor. Immer bereit, die Tücken der Rechtschreibung zu bezwingen.
Lektor – Wortjongleur und Logikbewahrer
Der Lektor hingegen ist ein kreativer Kopf. Er macht den Text nicht nur schön fehlerfrei, sondern auch schön verständlich. Stimmt die Hashtag#Storyline? Klingt der Text, als würde ein echter Mensch sprechen? Versteht die Zielgruppe, worum es geht? Der Lektor bringt die Seele in den Text – und stellt sicher, dass das Auto in der Geschichte nicht plötzlich zum Flugzeug wird.
Kurz gesagt: Der Korrektor kümmert sich um das "Was steht da genau?", während der Lektor sich mit dem "Warum steht das da so?" beschäftigt. Der Korrektor lässt den Text fehlerfrei glänzen, und der Lektor sorgt dafür, dass der Text das Publikum erreicht. Zusammen sind sie ein unschlagbares Team, das aus guten Texten exzellente Inhalte formt.
Ich selbst bin je nach Fall Verfasser, Korrektor oder Lektor. Alle drei Aufgaben zu vereinen, ist nicht ratsam. Mein Tipp für den Fall, dass es wirklich schnell gehen muss: ChatGPT kann sowohl korrigieren als auch lektorieren. Die beiden erwähnten "Co-Rektoren“ der deutschen Sprache mögen es nicht gerne hören, doch ist KI heute keine schlechte Hilfe mehr, um mit einer schwierigen Sprache klar zu kommen oder Flüchtigkeitsfehler zu beheben. Auch das kann man als Geschenk sehen.
Roger Häni, Firmenchronik Schweiz
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