Stolz auf das Gründungsjahr: Firmen machen es wie Fussballclubs

Zukunft braucht Herkunft! Diese Formulierung des deutschen Philosophen Odo Marquard fällt oft bei Jubiläen oder anderen Situationen, in denen der Fokus die Gegenwart verlässt. Tatsächlich gehört das Bewusstsein der eigenen Geschichte zur Identität eines Menschen oder einer Institution.

 

Viele Firmen, Vereine und Verbände sind stolz auf ihre lange Tradition. Bei Jubiläen ergänzen sie das Logo gerne mit dem aktuellen Alter: "100 Jahre", "50 Jahre" oder "25 Jahre". Je älter ein Unternehmen, desto wichtiger ist die Rolle des Gründungsjahres. Der Trend ist unverkennbar: Vermehrt wird das Firmenlogo durch eine Jahreszahl ergänzt. "Seit", "since" oder "est." (für established = gegründet) ist auf immer mehr Firmenfahrzeugen zu lesen.

Die blanke Jahreszahl der Gründung unters Logo schreibt der Juwelier Kurz. Und er fügt sie auch gleich in seine Internetadresse ein: kurz1948.ch. Weitere Beispiele für ein klares Bekenntnis zur Herkunft sind der Malermeister Hauser (hauser1899.ch) oder der Caterer Huber (huber1911.de).

Hübsch gemacht, aber nicht perfekt: Der Apfelbaum im Isometric Design, generiert von Midjourney. Die Holzharassen bedürfen bei genauer Betrachtung noch einer Überarbeitung.

Das Logo des FC Schalke 04, gegründet im Jahr 1904.

Noch einen Schritt weiter gehen jene Institutionen, welche das Gründungsjahr in ihren Namen einbauen. Man kennt das von Sportvereinen: TSV 1860 München, FC Schalke 04 oder FC St.Gallen 1879. Doch auch Firmen ziehen allmählich nach: So nennt sich die bald zweihundertjährige Amtsersparniskasse (AEK) Thun seit 2006 "AEK BANK 1826". Als Gründe für die Namensänderung führte sie einerseits die wachsende Internationalität der Geschäfte ihrer Kundschaft und andererseits die zunehmende Bedeutung ihrer Marke auf.

Ebenfalls aus Thun stammt die "1899 Architekten AG". "Die Namensgebung bezieht sich auf die Anfänge des Büros um die vorletzte Jahrhundertwende und ehrt dessen bisherigen Akteure", so die Erklärung für den Einbezug der Jahreszahl. 1899 hatte der Gründer, Alfred Lanzrein, seine Ausbildung abgeschlossen und sein Wirken als Architekt begonnen.

Woher man kommt, wohin man geht

Bei der Erarbeitung von Firmenchroniken und anderen Festschriften sind die Herkunft und der Werdegang natürlich von grosser Bedeutung, doch auch die Gegenwart und die Zukunft nehmen ihren Raum ein. So bilden wir zum Beispiel die aktuelle Belegschaft ab, lassen Mitarbeiterinnen  und Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten oder Geschäftspartner zu Wort kommen und wagen mit dem Firmeninhaber, dem CEO oder der Verwaltungsratspräsidentin einen Blick nach vorn: Welche Herausforderungen stehen an? Wie entwickelt sich der Markt? Wer tritt dereinst seine/ihre Nachfolge an?

"Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun", sprach Mahatma Gandhi. Und Mark Twain meinte: "Natürlich interessiert mich die Zukunft. Ich will schliesslich den Rest meines Lebens darin verbringen." Und dennoch hat Odo Marquard recht: "Zukunft braucht Herkunft" – oder anders gesagt: Ohne alles Vergangene keine Zukunft.

 

Roger Häni, Firmenchronik Schweiz

Bild: Adobe Stock/Alexey Novikov

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